Wenn Du Kompetenzstufen sauber verwendest, hören Aussagen wie „Ich bin Experte“ auf, bloßes Marketing zu sein und werden zu einem klaren Signal, was Du wirklich kannst.
Kompetenz ist mehr als Wissen.
Vereinfacht kannst Du sagen:
Kompetenz = Wissen + Fähigkeiten + Haltung im richtigen Kontext
Damit das greifbar wird, lohnt sich der Blick auf fünf zentrale Bereiche:
Fachkompetenz
Dein Wissen und Deine Fähigkeiten in einem bestimmten Fachgebiet
zum Beispiel Programmierung, Pflege, Recht, Vertrieb, Sprachen.
Sozialkompetenz
Wie gut Du mit anderen Menschen umgehst. Kommunikation, Teamfähigkeit, Konfliktlösung, Empathie, Umgang mit Konflikten und Feedback.
Selbstkompetenz
Alles, was Dich selbst steuert. Selbstreflexion, Eigenverantwortung, Motivation, Belastbarkeit, Lernbereitschaft, Umgang mit Stress und Fehlern.
Methodenkompetenz
Deine Fähigkeit, passende Methoden, Werkzeuge und Strategien auszuwählen und sinnvoll einzusetzen.
Zum Beispiel Problemlösungsmethoden, Lerntechniken, Moderations- und Präsentationsmethoden, Projektmanagement-Tools. Kurz: Wie Du an Aufgaben herangehst.
Handlungskompetenz
Die Fähigkeit, Wissen, Fähigkeiten, Methoden und Haltung in konkretes, verantwortungsvolles Handeln zu übersetzen.
Entscheidungen treffen, ins Tun kommen, Dinge zu Ende bringen, Verantwortung übernehmen, auch in neuen oder komplexen Situationen.
Wichtig:
Kompetenz ist immer kontextbezogen.
Du kannst Fachkompetenz auf Expertenniveau in Java-Backend-Entwicklung haben, gleichzeitig aber nur Anfänger in Mitarbeiterführung sein.
Und Deine Handlungskompetenz kann stark sein, obwohl Du fachlich noch lernst, weil Du zuverlässig ins Tun kommst, Verantwortung übernimmst und Entscheidungen triffst.
Genau deshalb lohnt sich ein klares Modell, um Kompetenzstufen benennbar und vergleichbar zu machen.

Das Dreyfus-Modell beschreibt, wie Menschen Fähigkeiten entwickeln, von keine Ahnung bis intuitive Meisterschaft.
Typisch sind fünf Stufen, oft ergänzt um eine sechste für echte Meisterschaft:
Anfänger
Fortgeschrittener Anfänger
Kompetent
Erfahren
Experte
Meister oder Spezialist (optionale Top-Stufe)
Wir schauen uns die Stufen speziell in Bezug auf:
Fachwissen (Theorie)
Anwendungsskills (Praxis)
Selbstständigkeit und Kontextverständnis
und binden dabei Methodenkompetenz und Handlungskompetenz mit ein.

Fachwissen (Theorie)
Grundlegendes, meist nur theoretisches Wissen
Kennt Begriffe, Regeln und einzelne Fakten
Versteht den größeren Zusammenhang noch kaum
Anwendungsskills (Praxis)
Arbeitet nach klaren Anweisungen, Checklisten und Schritt-für-Schritt-Anleitungen
Braucht direkte Anleitung und Überwachung
Fühlt sich schnell überfordert, wenn etwas vom Schema abweicht
Methodenkompetenz
Greift kaum bewusst auf Methoden zurück
Nutzt vorgegebene Werkzeuge, ohne sie zu hinterfragen
Lernt noch, wie man überhaupt strukturiert an Aufgaben herangeht
Handlungskompetenz
Handelt vor allem auf Anweisung
Trifft wenige eigenständige Entscheidungen
Reagiert eher, statt aktiv zu gestalten
Selbstständigkeit und Kontext
Handelt starr regelbasiert
Berücksichtigt den Kontext nur wenig
Fragt häufig nach dem nächsten Schritt
Beispiel:
Jemand, der gerade seinen ersten Tag im Job hat und noch jede Aufgabe erklärt bekommen muss.

Fachwissen
Mehr Faktenwissen
Erste Zusammenhänge werden erkennbar
Standardfälle sind vertrauter
Anwendungsskills
Kann Routineaufgaben selbstständig ausführen
Kommt mit typischen Situationen zurecht
Braucht bei komplexen oder ungewohnten Aufgaben noch Unterstützung
Methodenkompetenz
Setzt einfache Methoden ein, wenn sie bekannt sind
Nutzt zum Beispiel ein Grundschema zur Problemlösung oder einfache Checklisten
Kann Methoden aber noch nicht flexibel anpassen
Handlungskompetenz
Übernimmt erste Aufgaben eigenständig
Kommt ins Tun, solange der Rahmen klar ist
Zögert bei unklaren Situationen und Unsicherheit
Selbstständigkeit und Kontext
Beginnt, den situativen Kontext zu beachten
Verlässt sich aber weiterhin stark auf Regeln und Vorlagen
Wird unsicher, wenn Regeln nicht direkt passen
Beispiel:
Du kannst Webseiten mit einem CMS selbst pflegen, Inhalte anpassen, einfache Layoutänderungen machen, bist aber bei einem komplett neuen Setup unsicher.

Fachwissen
Solides, strukturiertes Fachwissen im eigenen Bereich
Versteht Zusammenhänge, Abhängigkeiten und typische Muster
Hat eine Art Landkarte des Fachgebiets
Anwendungsskills
Plant und organisiert Aufgaben eigenständig
Löst Probleme bewusst, systematisch und nachvollziehbar
Kommt mit mittlerer bis hoher Komplexität klar
Methodenkompetenz
Wählt passende Methoden gezielt aus
Nutzt zum Beispiel Projektplanungs-Tools, Analyseverfahren oder Moderationsmethoden situationsgerecht
Kann Methoden anpassen, statt sie nur nach Schema zu nutzen
Handlungskompetenz
Trifft eigenständige Entscheidungen
Übernimmt Verantwortung für Ergebnisse
Setzt Ziele in konkrete Schritte um und zieht Dinge durch
Selbstständigkeit und Kontext
Handelt bewusst und zielgerichtet
Kann Prioritäten setzen
Braucht nur bei sehr hoher Unsicherheit oder völlig neuen Situationen Unterstützung
Beispiel:
Du planst eigenständig eine Marketingkampagne, wählst Methoden zur Zielgruppenanalyse, setzt passende Kanäle ein und leitest daraus Maßnahmen ab, statt nur Vorlagen zu kopieren.

Fachwissen
Tiefes Verständnis des eigenen Fachgebiets
Erkennt Muster und wiederkehrende Strukturen intuitiv
Bezieht angrenzende Bereiche mit ein
Anwendungsskills
Bewältigt komplexe, mehrdeutige Situationen souverän
Fokussiert sich schnell auf das Wesentliche
Arbeitet flexibel, nicht mehr streng regelgesteuert
Methodenkompetenz
Kombiniert und variiert Methoden bewusst
Entwickelt eigene Vorgehensweisen für typische Problemsituationen
Weiß, wann welche Methode sinnvoll ist und wann nicht
Handlungskompetenz
Handelt proaktiv und vorausschauend
Erkannt potenzielle Fehler und Risiken frühzeitig
Übernimmt Verantwortung auch in kritischen oder unklaren Kontexten
Selbstständigkeit und Kontext
Hohes situatives Urteilsvermögen
Kann unter Zeitdruck gute Entscheidungen treffen
Kann andere anleiten, coachen und unterstützen
Beispiel:
In der Pflege erkennt eine erfahrene Fachkraft früh, wenn sich der Zustand eines Patienten verschlechtert, passt Maßnahmen an und koordiniert das Team, ohne dass jemand ihr einzeln sagt, was zu tun ist.

Fachwissen
Umfassendes, tief verinnerlichtes Fachwissen
Viel implizites Wissen, das sich wie Bauchgefühl anfühlt
Erkennt komplexe Zusammenhänge sehr schnell
Anwendungsskills
Beherrscht die Praxis auf einem sehr hohen Niveau
Löst neue und komplexe Probleme effizient, oft ohne bewusste Schritt-für-Schritt-Analyse
Entwickelt eigene Lösungswege, Standards oder Vorgehensmodelle
Methodenkompetenz
Nutzt Methoden nicht mehr nur, sondern gestaltet sie mit
Passt Werkzeuge und Vorgehensweisen kreativ an neue Kontexte an
Entwickelt teilweise neue Methoden oder Varianten, die andere übernehmen
Handlungskompetenz
Handelt souverän auch in Ausnahmesituationen
Trifft weitreichende Entscheidungen und trägt die Verantwortung dafür
Ist Ansprechperson bei schwierigen Fällen und unterstützt andere beim Handeln
Selbstständigkeit und Kontext
Handelt hochgradig selbstständig und situationsadäquat
Wird als Vorbild, Mentor und Autorität wahrgenommen
Setzt Standards und beeinflusst, wie andere arbeiten
Beispiel:
Ein erfahrener Softwarearchitekt, der neue Systeme aufsetzt, kritische Entscheidungen trifft, Risiken abschätzt, die richtigen Methoden auswählt und das Team technisch wie methodisch führt.

Diese optionale sechste Stufe beschreibt Menschen, die über viele Jahre in einem engen Spezialbereich konstant sehr hohe Leistung bringen und ihr Feld aktiv mitgestalten.
Fachwissen
Extrem tiefes, oft hoch spezialisiertes Wissen
Kennt nicht nur den aktuellen Stand, sondern gestaltet ihn mit
Anwendungsskills
Bewältigt selbst seltene und extreme Situationen routiniert
Entwickelt neue Lösungen, Standards und Best Practices
Methodenkompetenz
Entwickelt neue Methoden, Werkzeuge oder Modelle
Ist häufig an Ausbildungskonzepten, Curricula oder Leitlinien beteiligt
Handlungskompetenz
Übernimmt Verantwortung auf Systemebene, nicht nur im Einzelfall
Trifft Entscheidungen, die ganze Bereiche, Teams oder Organisationen betreffen
Selbstständigkeit und Kontext
Sucht aktiv den Austausch mit anderen Experten
Bleibt lernbereit und reflektiert, obwohl die Stufe sehr hoch ist

Hier passiert in der Praxis der meiste Missbrauch von Begriffen. Viele, die sich Experte nennen, bewegen sich eher im Bereich kompetent oder erfahren.
Kurz zusammengefasst:
Fortgeschrittener / kompetent
Wendet sein Wissen und seine Skills bewusst und planvoll an
Nutzt Methoden gezielt, aber innerhalb bekannter Muster
Kommt mit Standardsituationen und mittlerer Komplexität gut zurecht
Stößt bei völlig neuen, unklaren oder chaotischen Lagen an Grenzen
Experte
Hat so viel Fach-, Methoden- und Handlungskompetenz aufgebaut, dass vieles intuitiv läuft
Erkennt Muster, wo andere nur Daten sehen
Kombiniert Methoden flexibel und passt sie kreativ an
Kann auch unklare, unstrukturierte Probleme angehen und löst sie, ohne sich an Lehrbuchfälle zu klammern
Ist selbst Referenz, Mentor und Impulsgeber für andere
Wenn Du sauber arbeitest, ist Experte kein Dekolabel, sondern eine sehr hohe, seltene Stufe.

Statt einfach zu schreiben:
„Projektmanagement – Experte“
besser konkret:
„Projektmanagement (klassisch und agil) – kompetent: Planung und Steuerung von Projekten bis 500 kEUR, Nutzung von Kanban und Scrum-Elementen, strukturierte Risikoanalyse“
oder, wenn es stimmt:
„Projektmanagement – Experte: Konzeption und Einführung unternehmensweiter Projektstandards, Entwicklung von Templates und Methoden, Coaching von Projektleiterinnen und Projektleitern“
Du kannst dabei bewusst alle fünf relevanten Kompetenzbereiche anspielen:
Fachkompetenz
Methodenkompetenz
Sozialkompetenz
Selbstkompetenz
Handlungskompetenz
Beispielformulierung:
„Führungskompetenz – erfahren: Aufbau und Entwicklung eines Teams von 10 Personen, regelmäßiges Feedback, Konfliktmoderation, Einführung von Retrospektiven und 1:1-Gesprächen, Übernahme von Verantwortung für Ergebnisse und Teamkultur“
So wird Deine Kompetenz prüfbar und nicht nur ein Bauchgefühl.

Statt:
„Wir suchen einen Social-Media-Experten“
präziser:
„Wir suchen eine kompetente bis erfahrene Person im Bereich Social Media mit:
– solider Fachkompetenz in Content-Strategie und Kampagnenplanung
– Methodenkompetenz in Analyse, A/B-Testing und Reporting
– Handlungskompetenz in eigenständiger Planung, Umsetzung und Auswertung von Kampagnen“
Optional kann eine echte Experten- oder Meisterrolle so beschrieben werden:
„Expertenniveau gewünscht: Entwicklung neuer Social-Media-Strategien, Aufbau von Guidelines, Schulung des Teams, Beratung von Führungskräften zu kanalübergreifenden Maßnahmen“
Du kannst die Stufen direkt integrieren:
„Pflicht: mindestens kompetente Stufe in fachlicher und methodischer Kompetenz“
„Wünschenswert: erfahren oder Experte in Handlungskompetenz und Führung“
Für Teams und Organisationen ist das Dreyfus-Modell zusammen mit den fünf Kompetenzarten sehr praktisch.
Beispiele:
Pro Skill definierst Du, wie Fach-, Methoden-, Sozial-, Selbst- und Handlungskompetenz auf jeder Stufe konkret aussehen.
Mitarbeitende können sich selbst einschätzen, Führungskräfte können Fremdeinschätzungen ergänzen.
Entwicklungspläne werden konkret, zum Beispiel:
„Von kompetent zu erfahren“ bedeutet
– komplexere Fälle übernehmen
– Methoden an neue Situationen anpassen
– andere anleiten und coachen
– Verantwortung für Ergebnisse größerer Einheiten tragen
So wird Entwicklung messbar statt diffus.

Ein paar Leitfragen helfen Dir:
Wie oft brauche ich klare Anweisungen?
Sehr oft → eher Anfänger
Nur bei Ausnahmesituationen → eher kompetent oder erfahren
Wie gehe ich mit neuen, komplexen Problemen um?
Ich warte auf Vorgaben → Anfänger oder fortgeschrittener Anfänger
Ich entwickle eigene Lösungswege mit bekannten Methoden → kompetent
Ich kombiniere Methoden intuitiv und finde Lösungen auch ohne Vorlage → erfahren oder Experte
Wer fragt hier wen um Rat?
Ich frage meistens andere → eher niedrigere Stufe
Kolleginnen und Kollegen kommen mit schwierigen Fällen zu mir → erfahren oder Experte
Wie bewusst setze ich Methoden ein?
Ich arbeite kaum mit bewussten Methoden → Anfänger oder fortgeschrittener Anfänger
Ich wähle Methoden bewusst und passe sie an → kompetent oder erfahren
Ich entwickle oder verfeinere Methoden → Experte oder Meister
Wie stark ist meine Handlungskompetenz?
Ich verstehe vieles, setze aber wenig um → eher niedrige Stufen
Ich setze um, übernehme Verantwortung und schließe Dinge ab → kompetent oder erfahren
Ich steuere aktiv größere Zusammenhänge und übernehme Verantwortung auch für andere → Experte oder Meister
Lieber ehrlich etwas vorsichtiger einstufen als dich inflationär Experte nennen.
Glaubwürdigkeit zahlt langfristig.

Wenn Du Kompetenzstufen konsequent nutzt, bekommst Du eine klare Sprache für Entwicklung:
Fachkompetenz zeigt, was Du weißt
Methodenkompetenz, wie Du an Aufgaben herangehst
Sozialkompetenz, wie Du mit anderen umgehst
Selbstkompetenz, wie gut Du Dich selbst steuerst
Handlungskompetenz, ob Du aus all dem wirksames Tun machst
Das Dreyfus-Modell liefert Dir dazu die Entwicklungsstufen vom Anfänger bis hin zum Experten oder Meister.
Kombiniert ergeben sie ein starkes System, um Kompetenzen zu beschreiben, weiterzuentwickeln und fair zu bewerten, statt nur wohlklingende Titel zu verteilen.
Nutze es für Dich, Dein Profil, Deine Mitarbeitenden und Deine Organisation, dann werden Kompetenzstufen vom Buzzword zum echten Werkzeug.
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ÜBER DEN AUTOR

Nils Mewus
Ich bin ganzheitlicher, systemischer Berater, Coach, Dozent und Trainer. Ich habe vieles ausprobiert und am eigenem Leib erfahren. Nach drei Rückschlägen startete ich 2020 neu. Niederlagen sind nur Zwischenergebnisse auf dem Weg zum Erfolg. Setze auf die richtigen Dinge mit der richtigen Haltung, dann bringt die Veränderung nur Gutes.
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